Spezial Thema: Eindecken

Es wird Herbst oder Winter und die Temperaturen sinken. Vielleicht fröstelst du auch schon, wenn du die Haustüre hinter dir schließt und Richtung Stall gehst. Genau jetzt stellen sich viele Pferdebesitzer die Frage, ob sie ihr Pferd eindecken sollen oder nicht. Im Internet schwirren wild Fragen und mindestens 1000 verschiedene Antworten zu diesem Thema herum. Eines kann ich dir vorab verraten: Das Thema ist sehr umstritten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Vielleicht beschäftigen dich auch Fragen wie:

Ab wann braucht mein Pferd eine Decke?

Welche Decke braucht mein Pferd überhaupt?

Ab wie viel Grad sollte ich mein Pferd eindecken?

Soll ich mein Pferd überhaupt eindecken?

Wie viel Gramm sollte die Decke haben?

Soll ich mein Pferd überhaupt eindecken?

Tut es meinem Pferd wirklich gut?

Braucht mein Pferd überhaupt eine Decke?

 

Vorab verrate ich dir noch eins: Eine Decke braucht absolut jedes Pferd. Auch wenn ich selten Schwarz-Weiß ticke und immer Ratschläge und Inspiration in vielen Graustufen geben möchte, gibt es eine Decke, die in jeden Stallschrank gehört. Eine gute und funktionable Abschwitzdecke! Noch etwas verrate ich dir vorab: Wenn wir unser Pferd unnötig eindecken, können wir ihm sogar damit schaden. Die wenigsten Pferde brauchen wirklich eine Decke. Es gibt aber natürlich auch Ausnahmen. Manchmal kann eine Decke Sinn machen.

 

BRAUCHST DU EINE DECKE FÜR DEIN PFERD IM WINTER?

Für viele Pferde gehören die Decken in verschiedensten Varianten zum Alltag und es gibt durchaus auch wenige Situationen, in denen eine Decke Sinn machen kann. Auch im Winter. Aber für viele Pferde ist die Decke absolut unnötig und kann ihnen sogar schaden. Im Artikel erkläre ich dir was Thermoregulation beim Pferd genau ist, ob du ein altes Pferd eindecken musst, was du bei Regen machen kannst, welche Deckentypen es gibt, wann sie Sinn machen und liefere die das Ergebnis einer neuen Studie zu diesem Thema. 

 

Was du unbedingt wissen solltest: Thermoregulation beim Pferd

Wenn wir eine Decke nutzen, dann beeinflussen wir die körpereigenen Abläufe und Kräfte unseres Pferdes, sich selbst zu regulieren. Pferde und Menschen haben eine sogenannte thermoneutrale Zone. Das ist ein optimaler Temperaturbereich, in dem sie bequem und problemlos ihre eigene

Körpertemperatur aufrechterhalten können. Bei ausgewachsenen Pferden in milden Klimazonen liegt dieser Bereich zwischen ca. 5 und 25 Grad. Beim (nackten) Menschen dagegen nur zwischen 25 und 30 Grad. Pferde regulieren ihre Temperatur unter anderem über das Fressen und Verdauung, gegenseitiges Wärmen in der Herde, Erhöhung des Muskeltonus, Verringerung der Durchblutung ihrer Haut und natürlich durch die Entwicklung von genug Fell und indem sie ihr Fell aufstellen, wenn ihnen kälter wird. Das ist fast ein bisschen wie bei einem Igel. Dadurch ist ihnen auf der Haut mollig warm, weil die

Haare so ein natürliches Wärme-Isolierpolster bilden. Wenn du dein Pferd aber früh eindeckst, wird es nicht genug Winterfell entwickeln, die Haut „übt“ den Aufstellmechismus nicht und die Haut“muskulatur“ arbeitet nicht mehr richtig.Wenn es kalt wird, verringert sich auch die Durchblutung der Haut deines Pferdes. Das Fell entwickelt eine Art natürliche Isolation durch das kälter werden. Denn der Schnee schmilzt dann nicht mehr, sondern bleibt auf dem Fell liegen, weil das Fell durch die weniger warme Haut natürlich auch kälter ist. Schlau, oder?

 

DAS PFERD FRIERT NICHT NUR AM RÜCKEN

Außerdem friert dein Pferd ja überall. An seinem ganzen Körper. Auch am Kopf oder an den Beinen. Dann versucht es natürlich durch verschiedene Maßnahmen seine Körpertemperatur zu erhöhen. Unter der Decke wird ihm dann aber schnell zu warm. Wenn eine Decke auf dem Körper deines Pferdes liegt, kann es beispielsweise sein Fell nicht mehr aufstellen und die körpereigenen Prozesse laufen an den Körperteilen nicht mehr so ab, wie ohne

Decke. Dabei ist dieser Igel-artige Mechanismus ein Spitzen-Isolierpolster für dein Pferd. Der Körper des Pferdes reagiert instinktiv auf Temperaturwechsel und liefert dann entsprechend  nach. Außerdem wärmen sich Pferde tatsächlich auch innerlich über die Verdauungsvorgänge. Deswegen fressen sie im Winter etwas mehr Heu, weil die Verdauung dann wiederum Wärme im Körperinneren erzeugt. Wenn wir eine Decke überziehen, dann fehlt dem Körper erstens der Anreiz sich selbst zu wärmen und das Pferd wird nicht genug Fell entwickeln und seine ganzen Instinkt bedingten

Wärmeabläufe nicht so starten, wie es das würde, wenn es sich selbst kümmern muss. Wir beeinflussen so aber auch zweitens die Oberflächentemperatur, wie eine Studie ergeben hat. Das wiederum kann auch Auswirkungen auf das Wohlgefühl des Pferdes haben.

 

OFFTOPIC: Zuviel Putzen ist im Winter auch nicht so gut für dein Pferd, weil du ihm sonst die nötige Fettschicht an den Haaren ein Stück weit mit wegputzt. Das braucht dein Pferd aber, um sich gegen die Nässe zu schützen und damit wiederum die Haut schön warm zu halten.

 

Pferde eindecken: Wie schädlich ist die Decke fürs Pferd?

Genau hier ist das Problem und die Ursache für so viele unnötig eingedeckte Pferde: Wenn der Mensch schon friert, fühlen sich die meisten Pferde noch pudelwohl. So – jetzt frieren wir Menschen aber schon und decken uns selbst mit Jacken und dicken Mützen ein. Weil wir uns nicht vorstellen können, dass es dem Pferd anders geht, entscheiden sich viele frierende Pferdebesitzer dafür, ihre Pferd einzudecken, obwohl die Temperaturen für das Pferd

eigentlich noch voll im grünen Bereich liegen. Oder sie wollen nicht putzen, nicht lange aufwärmen oder abschwitzen lassen im Winter.

Aber Pferde sind keine Menschen und genau das müssen wir uns immer wieder bei unseren Entscheidungen bewusst machen.

Du beeinflusst also die natürliche Thermoregulation deines Pferdes und seine körpereigenen Mechanismen arbeiten nicht mehr so gut durch das Eindecken.

Das Pferd kann seine Fellpflege nicht mehr richtig betreiben und das wiederum kann zu Hautproblemen führen. Manche Pferde reagieren auch mit Verspannungen im Rücken durch die fehlende Bewegungsfreiheit durch eine Decke. Das Fell kann abbrechen durch die Decke und die „Hautmuskulatur“ verlernt durch mangelnde Übung das arbeiten. Das wiederum beeinflusst aber nicht nur die Thermoregulation, sondern auch den Kreislauf deines Pferdes.

Einzig eine gute Abschwitzdecke darf immer im Einsatz sein.

 

Pferd eindecken: Welche Deckenarten gibt es und wann machen sie Sinn?

Es gibt verschiedene Decken für Pferde. Ich gehe jetzt die “Hauptdeckenvarianten” mit dir kurz durch und erkläre dir, wann und wie sie Sinn machen können.

Eine Abschwitzdecke – was eine gute Decke ausmacht Sie ist im Herbst oder Winter beispielsweise absolut sinnvoll, weil dein Pferd nach der

Trainingseinheit nass und verschwitzt sein kann und du es dann so natürlich nicht in die Kälte stellen solltest. Dann legst du die Abschwitzdecke über seinen Rücken und kannst es so langsam trockenen lassen, während du mit ihm noch ein bisschen herumläufst. Im Schritt. Danach bürstest

du über sein Fell. Die Abschwitzdeke bekommt also von mir ein klares: JA, sie gehört in den Stallschrank und darf auch gerne viel benutzt werden.

 

Eine Ekzemer-Decke im Sommer Wenn du einen „Ekzemer“ hast, hilfst du deinem Pferd natürlich mit einer Decke. Es ist dann die Abwägung und eine Frage des geringeren Übels. Die Qual, die dein Pferd durch die Kriebelmücken und anderen Pferdebiester hat ist sicher größer als die Beeinflussung der Thermoregulation oder anderer Punkte, wenn es mit Decke herumlaufen muss. TIPP: Du kannst deinem Ekzemen auch unterstützend mit Schwarzkümmelsamen im Futter helfen seine natürliche Hautbarriere zu unterstützen.

 

Eine Regendecke – ungefüttert Neben der Abschwitzdecke sollte man pro Forma eine ungefütterte Regendecke in der Sattelkammer haben. Die Abschwitzdecke ist vermutlich täglich im Einsatz – die Regendecke vielleicht nie. Aber es ist trotzdem wichtig, gut vorbereitet zu sein und eine Decke parat zu haben. Warum ungefüttert? Weil du damit die Thermoregulation deines Pferdes nicht störst und sie auch zwischendurch ein paar Tage auflegen kannst, ohne dass dein Pferd mit seinem Winterfell oder bei Sommerwärme zu sehr ins Schwitzen kommt unter der Decke. Ich selbst habe meine noch nie

gebraucht, aber wenn das Pferd Husten bekommen sollte oder aus anderen gesundheitlichen Gründen plötzlich eine Decke braucht, ist es wichtig gut vorbereitet zu sein.

 

EINE GEFÜTTERTE WINTERDECKE

So oft sieht man eingedeckte Pferde, sobald die Temperaturen sinken. In vielen Fällen macht es keinen Sinn, weil das Pferd keine Decke bräuchte und die Thermoregulation so gestört wird. Weder kann das Pferd in der Situation seine Thermoregulation noch gut aktivieren, noch wird es genug

Winterfell schieben, weil die Decke seinen Organismus sozusagen “foppt”. Es gibt aber natürlich auch Pferde, die zu Husten neigen, im Winter einfach frieren, extreme Verspannungen im Rücken bekommen oder von Natur aus nicht genug Winterfell schieben. Wenn du ein sehr altes oder krankes Pferd hast, kann es auch sinnvoll sein ihm bei kalten Temperaturen eine Decke überzuziehen. Oder bei manchen Pferderassen, die keine so perfekte auf

Winter geeichte Thermoregulation haben, wie Araber beispielsweise. Es gibt auch Pferde die zu extremen Rückenproblemen im Winter neigen, die dann unsere Hilfe brauchen. Dann sollten wir ihnen helfen und sie mit einer Decke unterstützen. Ich kannte eine Stute, die aus einem heißen Land zu uns nach Deutschland importiert wurde und es einfach nie geschafft hat im Winter genug Fell zu entwickeln. Sie hat immer gefroren, neigte zu Husten und Rückenproblemen – ohne Decke. Auch dann ist die Decke sicher das geringere Übel. Kurz gesagt: Wenn dein Pferd es einfach nicht von alleine schafft die Thermoregulation hinzubekommen, dann müssen wir ihm helfen. Aber wir sollten uns ganz genau anschauen, ob eine Decke wirklich nötig ist und im Grunde müssten wir dann auch nach Tagestemperatur entsprechend umdecken, damit das Pferd nicht warm wird unter der Decke. Das ist nur eine schnelle und einfache Auflistung. Denn es gibt erstens tausend verschiedene Deckenvarianten und mindestens genauso viele Gründe, warum Pferdebesitzer ihre Pferde

eindecken. Deswegen prüfe unabhängig von diesem kurzen Überblick natürlich unbedingt, ob eine Decke für dein Pferd WIRKLICH SINN macht oder nicht. —> Wenn ja, welche Decke die richtige für dein Pferd ist. Außerdem musst du wissen, dass dein Pferd gegen das Frieren auch seinen Muskeltonus erhöht.

Deswegen sind Pferde im Winter oft steifer, schnell „spanniger“ und brauchen eine längere Aufwärmphase um locker zu sein für das Reiten oder euer Training. Das kann locker 30-40 Minuten dauern, bis du ein warmes und lockeres Reitpferd vor dir hast, wenn du es im Winter nicht eindeckst. Denn viele decken auch deswegen ihre Pferde ein, um es im Winter einfacher zu haben, schneller trainieren und weniger lange “abschwitzen” lassen zu müssen danach oder weil sie scheren wollen, um es einfacher zu haben. Ich finde das schwierig. Denn ich denke nicht, dass wir das Recht haben in die natürliche Thermoregulation unserer Pferden einzugreifen – „nur“ um sie schneller und einfacher Reiten und „nutzen“ zu können. Also für unsere eigene Bequemlichkeit.

Ein anderer Punkt: Natürlich schwitzen die Pferde beim Training im Winter durch ihr dickes Winterfell. Ein Wildpferd würde sich im Winter einfach nicht so intensiv bewegen und deswegen nicht so ins Schwitzen geraten. Deswegen scheren Menschen die Pferde dann gerne und müssen nach dem Training eine Decke auflegen.

 

Was passiert, wenn dein Pferd schwitzt?

1.Die feinen und dichten Unterhaare sorgen für die Wärme bei deinem Pferd und das leicht fettige Deckhaar wiederum sorgt dafür dass Regen und Schnee abperlen und nicht auf die Haut kommen.

2.So bleibt das Pferd warm und trocken.

3.Wenn dein Pferd aber mit dem Winterfell geritten wird schwitzt es. Der Schweiß geht von der Haut in die Unterhaare und dann zum Deckhaar. Dadurch verklebt das alles und die wärmenden Eigenschaften gehen flöten. Dafür gibt es dann die Abschwitzdecken. Dein Pferd kann langsam wieder trocknen, kühlt dabei nicht aus und das Fell kann seine positiven Eigenschaften wieder zurückerlangen.

 

Jetzt stelle ich dir eine Frage: Wie wäre es, wenn wir darauf einfach Rücksicht nehmen und nicht so intensiv reiten würden? Oder einfach eine lange Abschwitz”zeit” in Kauf nehmen, statt sie zu scheren und danach einzudecken?

 

Artikel von: https://www.pferdefluesterei.de/pferd-eindecken/

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Ganzheitliche Reitpädagogin

Ganzheitliche Bodenarbeits/-Beziehungstrainerin

Viktoria Dumler

- Work in Harmony -

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