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Was ist Anlehnung?
Nach den Richtlinien der FN ist Anlehnung die stete, weich federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul. Nach Takt und Losgelassenheit ist die Anlehnung der dritte Punkt auf der Ausbildungsskala des Pferdes. Sie ist damit ein wesentlicher Baustein in der Grundausbildung von Pferden. Der bekannte und geschätzte Reitmeister Paul Stecken war der Meinung, dass jeder Reiter die klassischen Grundsätze der Reiterei, wie sie schon in der Heeresdienstvorschrift 12 (H.Dv.12) geschrieben stehen, kennen sollte.
Schaut man dort nach, wird zum Thema Anlehnung zu Beginn darauf hingewiesen, dass das Pferd zuerst lernen muss, den vor treibenden Hilfen zu folgen. So entsteht Schubkraft aus der Hinterhand. Dadurch tritt das Pferd an den Zügel heran und „es kommt zu einer bestimmten
Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul, die man Anlehnung nennt.“ (H.Dv.12, Seite115f.) Die H.Dv. 12 betont weiter, dass die Schubkraft aus der Hinterhand eine unabdingbare Voraussetzung für eine korrekte Anlehnung darstellt. Eine Verbindung von Pferdemaul und Reiterhand, die durch eine rückwirkende Reiterhand entsteht, ohne dass das Pferd mit den
Hinterbeinen unter den Schwerpunkt tritt und den genannten Zug zur Hand entwickelt, ist nicht reell. Damit dient sie auch nicht der Pferde gerechten Ausbildung. Merke: Bei der Anlehnung handelt es sich also vielmehr um eine Verbindung von der Hinterhand des Pferdes über seinen Rücken und dem Zügel zum Pferdemaul.
Was Anlehnung nicht ist
•Eine starre Verbindung von der Reiterhand zum Pferdemaul
•Das Gefühl von Druck oder sogar viel Gewicht auf dem Zügel
•„Vorne ziehen, hinten dagegen treiben“
•Ein Ziehen oder starres, anhaltendes Durchhalten mit der Hand
•Ein Fixieren des Pferdekopfes und -halses (ggf. mit Hilfszügeln) in eine feste Position
Warum Anlehnung nicht gleich Beizäumung ist
Anlehnung ist nicht mit der sogenannten Beizäumung zu verwechseln. Die Beizäumung ist vielmehr ein mögliches Resultat aus einer korrekten Anlehnung, bei der das Genick der höchste Punkt ist, der Hals des Pferdes gewölbt und die Nase vor oder höchstens an der Senkrechten. Eine federnde und flexible Verbindung von Reiterhand und Pferdemaul, die durch das Herantreten des Pferdes an den Zügel entsteht, das wiederum auf der Schubkraft aus der Hinterhand basiert. Merke: Anlehnung bedeutet nicht, dass das Pferd in eine bestimmte Haltung beigezäumt wird und es darf nicht mit dem typischen “Am Zügel gehen” gleichgesetzt werden. Anlehnung meint vielmehr, dass dein Pferd an den Zügel herantritt, über den Rücken schwingt und mit den Hinterbeinen unter den Schwerpunkt tritt. Die Basis dafür bilden Takt und Losgelassenheit. Es geht also um Kommunikation: Ein Dialog zwischen Reiter und Pferd soll stattfinden, bei dem der Reiter dem Pferd „zuhört“ und fein auf seine Bedürfnisse reagiert.
Warum reitet man in Anlehnung?
Nicht, damit es schön aussieht. Eine korrekte Anlehnung ist eine Unterstützung für das Pferd, im wahrsten Sinne des Wortes „darf es sich anlehnen“ und sich vertrauensvoll vom Reiter führen lassen. Die Anlehnung hilft dem Pferd, sich auszubalancieren und unterstützt das gemeinsame Gleichgewicht von Pferd und Reiter. Denn was passiert bei einer richtigen Anlehnung im Hals des Pferdes? Ziel ist, dass die Oberhalsmuskulatur arbeitet und den Hals trägt.
Merke: Ist ein Pferd fertig ausgebildet und trägt sich in der Versammlung in relativer Aufrichtung selbst, entfällt die Verbindung zu Maul fast gänzlich. Ein weiteres Indiz dafür, dass Anlehnung auch eine ganz feine und vor allem flexible Verbindung von der Reiterhand zum Pferdemaul bedeuten kann. Diese ist zeitweise kaum noch zu spüren, kann aber jederzeit bei Bedarf wiederhergestellt werden.
Was passiert, wenn man nicht in Anlehnung reitet?
Man sieht manchmal, dass Reiter Angst davor haben, zu viel einzuwirken und ihrem Pferd zu schaden und dann die Zügel lieber die ganze Zeit ganz durchhängen lassen. Der Gedanke, nicht ziehen oder rückwärts einwirken zu wollen, ist grundsätzlich richtig. Wenn aber überhaupt kein Kontakt und keine Anlehnung besteht, hat das Pferd im wahrsten Sinne des Wortes nichts und niemanden zum Anlehnen. Es ist damit auf sich allein gestellt.
Manche Pferde kommen damit zurecht. Allerdings ist dann häufig ein Laufen auf der Vorhand ohne viel Hinterhandaktivität zu sehen. Das Resultat sind dann ein nicht schwingender Rücken und langfristig Rückenprobleme sowie falsche Haltung. Andere Pferde neigen ohne jegliche Anlehnung zum Rennen, sodass unsichere oder wenig geübte Reiter sich kaum trauen, sie zu reiten, weil sie immer Angst vor einem Durchgehen haben. Oft sind die Reiter dann erstaunt, wenn sie gesagt bekommen, dass sie mehr treiben sollen. Treiben bedeutet ja nicht immer ein Schneller-Werden-Wollen, sondern vor allem die
Aktivierung der Hinterhand mit dem Ziel, dass sie an den Zügel herantritt. Dasselbe „rennende“ Pferd wird dann oft deutlich langsamer, lehnt sich zufrieden an der Reiterhand an und der Reiter kommt richtig zum Treiben. Dem Pferd fehlte einfach die Unterstützung, die Führung und die Balancierhilfe, die eine korrekte Anlehnung mit sich bringt. Merke: Anlehnung ist für alle Pferde und Reiter wichtig, nicht nur Dressurpferde oder Dressurreiter!
Fehler in der Anlehnung und woran du sie erkennst
Viele Reiter neigen dazu, nur aufgrund der Hals-Kopf-Position des Pferdes über die Anlehnung zu urteilen. Dabei lassen sie allerdings wichtige Faktoren wie die Aktivität der Hinterhand oder die Rückentätigkeit außer Acht. Das Resultat: Reiter versuchen ihre Pferde rein über Handeinwirkung beizuzäumen. Am Ende entstehen daraus dann Anlehnungsfehler. Die relevantesten Fehler in der Anlehnung habe ich für dich hier einmal zusammengefasst:
Hinter der Senkrechten
“Hinter der Senkrechten” bedeutet, dass sich die Stirn-Nasen-Linie des Pferdes nicht wie gewünscht an bzw. kurz vor der Senkrechten befindet, sondern dahinter. Oft geht ein Pferd hinter der Senkrechten, weil der Reiter zu stark mit der Hand einwirkt. Handelt es sich dabei nur um einen temporären Fehler in der Hilfengebung des Reiters, kann er diesen beheben indem er die Hand vorgibt und gleichzeitig nachtreibt. Geht ein Pferd hinter der Senkrechten, ohne dass die Hilfengebung des Reiters dafür ursächlich ist, liegt in vielen Fällen ein deutlicher Fehler in der bisherigen Ausbildung des Pferdes vor. Die Korrektur von Ausbildungsfehlern ist in der Regel sehr zeitaufwendig und erfordert viel Erfahrung und Gefühl des Reiters.
Hinter dem Zügel
Auf den ersten Blick ist es häufig schwer zu unterscheiden, ob ein Pferd“Hinter der Senkrechten“ oder „Hinter dem Zügel“ geht. Denn bei beiden Anlehnungsfehlern befindet sich die Stirn-Nasen-Linie des Pferdes hinter der Senkrechten. Allerdings liegt die Ursache hier woanders. Geht ein Pferd hinter dem Zügel, tritt es nicht an das Gebiss heran. Es sucht nicht die Anlehnung zur Reiterhand. Um diesen Anlehnungsfehler zu korrigieren, muss der Reiter es schaffen, dem Pferd Vertrauen zur Reiterhand zu vermitteln. Erst auf dieser Grundlage kann er sein Pferd animieren, an das Gebiss heranzutreten.
Falscher Knick
Ein “Falscher Knick” ist häufig das Resultat einer rückwärts wirkenden Reiterhand, die versucht, die Anlehnung zu erzwingen. Zeigt ein Pferd den Anlehnungsfehler falscher Knick befindet sich der höchste Punkt nicht mehr zwischen den Pferdeohren, sondern auf Höhe des dritten und vierten
Halswirbels. Der falsche Knick mag der am schwierigsten zu korrigierende Anlehnungsfehler sein. Die Basis der Korrektur bildet dabei eine konsequente Gymnastizierung des Pferdes. Eine hilfreiche Übung ist hier das Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen. Hierdurch lernt das Pferd sich wieder an die
Hand – und damit das Gebiss – heran zu dehnen.
Auf dem Zügel
Der Anlehnungsfehler „Auf dem Zügel“ tritt häufig am Anfang der Pferdeausbildung auf. Ein Pferd geht auf dem Zügel, wenn es den Zügel bzw. die Reiterhand als fünftes Bein nutzt und sich darauf abstützt. Der Grund hierfür kann einerseits die mangelnde Balance des Pferdes oder eine zu inaktive Hinterhand sein. Reiter sollten bei der Korrektur beachten, dass sie dem Pferd niemals die Hand als Stütze gewähren sollten. In vielen Fällen kann der Anlehnungsfehler durch das Aktivieren der Hinterhand und der damit verbundenen vermehrten Lastaufnahme behoben werden.
Gegen den / über dem Zügel
Meistens geht ein Pferd gegen den bzw. über dem Zügel, weil es im Genick nicht nachgeben will oder kann. Aber auch ein festgehaltener Pferderücken oder eine falsche Bemuskelung des Pferdehalses können die Ursache sein. Für die Korrektur bietet sich hier vor allem das Longieren an. Dabei ist das Ziel, die korrekte Dehnungshaltung zu erarbeiten. So hat das Pferd die Chance, in ein gesundes Bewegungsmuster zu finden und die richtige Muskulatur aufzubauen.
Soll die Korrektur beim Reiten erfolgen, ist entscheidend, dass der Reiter nicht zwanghaft versucht, das Pferd beizuzäumen. Durch das „Zusammenziehen“ bauen viele Pferde Widerstand auf und verlieren die Freunde am Reiten, was letzten Endes zu viel größeren Problem führt.
Wie kann ich eine korrekte Anlehnung erarbeiten?
Damit das Pferd ans Gebiss herantritt, muss die Hinterhand aktiv werden, der erste Schritt ist also, das Pferd fleißig am Bein zu haben. Die Reiterhand soll nur Verbindung halten und ruhig anstehen- aber ein Rum fummeln oder runter Riegeln ist definitiv nicht erwünscht. Britta Schöffmann erklärt
das so: „Das bedeutet, dass sich das Hinterbein des Pferdes auf treibende Hilfen vermehrt nach vorn Richtung Schwerpunkt bewegt. Dadurch entsteht auch ein Hauch mehr Druck aufs Gebiss – aber eben von hinten nach vorn und nicht umgekehrt durch eine fummelnde oder ziehende Reiterhand. Ist das Pferd korrekt in die Reiterhilfen eingerahmt, gibt es im Genick nach, rundet seinen Hals und kommt an den Zügel“. Nutze die Schrittarbeit für die Anlehnung, wenn sich dein Pferd heraushebt Bei Pferden, die zum Herausheben neigen, arbeitet Anja Beran gern erstmal im Schritt in Seitengängen. „Das macht mobil, ich löse so den Rücken, die Hinterhand wird aktiviert.“ Die Anlehnung ist schließlich ein Nebenprodukt. Wenn sich ein Pferd aufgrund einer deutlichen Schiefe
extrem auf einer Seite festmacht. „Dann kann ich mal eine Hand seitwärts führen, annehmen, nachgeben, und wieder öffnen. Aber nicht mit Kraft und nicht durchhaltend bis zur Ermüdung! Die Idee dabei soll sein, das Pferd ein bisschen stellen zu können, es nicht weiter so schief laufen zu lassen. Das Pferd soll sich in der Ganasche stellen und sich dadurch etwas entspannen. Da muss man manchmal mit der Hand etwas helfen, da ich das Pferd nicht so schief weiterlaufen lassen möchte.“ Ein Nebeneffekt: Das Pferd wird so auch zum Kauen animiert.
Beitrag Link: https://www.wehorse.com/de/blog/anlehnung-pferd/
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